Freitag, 9. November 2012

NIEDERSACHSEN, Wurmberg


Niedersachsen: Wurmberg (971,2 ü. NN)

Nach dem Frühstück am Sonntagmorgen packten wir unsere sieben Sachen zusammen, beluden das Kfz und fuhren nach Braunlage, um am Fuße des Wurmbergs auf dem Parkplatz der Wurmbergseilbahn unsere Wanderung zum Wurmberggipfel zu starten. Die Straße von Schierke nach Braunlage führt durch ein malerisch gelegenes Dörfchen mit dem schmeichelhaften Namen „Elend“. Wir schmunzelten ein wenig als wir das Ortsschild passierten, richtig lachen mussten wir dann als wir am Wegesrand ein Schild sahen, das die vielversprechende Aufschrift trug: „freie Ferienwohnungen im Elendstal!“. Wer kann dazu schon nein sagen…?

Der Wurmberg wird offensichtlich für mannigfaltige sportliche Aktivitäten genutzt, so gibt es dort mehrere Skipisten mit Schleppliften und einer Gondelbahn, es gibt eine Downhill Mountainbike Strecke, Wege für „Monsterroller“ und sogar eine Skisprungschanze, die berühmt berüchtigte Wurmbergschanze von 1922, auf der Birger Ruud 1929 zum ersten Mal in der von ihm selbst entwickelten parallelen V-Technik mit Hände vorne und Mütze auf halb acht ins Tal flog. Angespornt von solch historischen Plätzen liefen wir flugs los und freuten uns über die wieder im Normalmodus befindliche Verdauung des Herrn Louis. Der Weg nach oben führte auf einfachen Wegen durch den Wald, das einzig spannende waren die Steilkurven und Sprünge der MTB-Strecke am Wegesrand. Leider waren die äußeren Bedingungen (kein Regen aber nasser Untergrund) nicht so, dass man viele Dowhiller erwarten konnte. Später haben wir zwei gesehen aber das war an einem eher unspektakulären Streckenabschnitt. Nach 2/3 der Stecke kamen wir an einen kleinen Rastplatz, den ein Stein mit der sympathischen Aufschrift „Bratwurst“ schmückte. Meine beiden Wanderkameraden waren sichtlich begeistert. Warum dieser Stein dort steht und wie er zum Titel "Bratwurst" kommt, war bei all dem Stress auf die Schnelle nicht herauszufinden. Rein spekulativ wurden gedanklich Verknüpfungen zum nahe gelegenen Parkplatz „Kaffeehorst“ gezogen, nach genauerer Überlegung aber wieder verworfen. Von der Bratwurst nur einige Gehminuten entfernt kamen wir in ein schreckliches Gebiet. Hier war vor kurzem der Wald gerodet worden, es wurde neblig, "schlammischer Bodden", man konnte fast nix sehen. Kurz, im Umkreis sah es aus wie in New York direkt nach „Sandy“. Später erfuhren wir dann, dass wir in der Einflugschneise der neuen Abfahrtspiste gestanden hatten. Das Projekt „Wurmberg 2015“ hat sich zur Aufgabe gemacht, den Wurmberg noch attraktiver für Wintersportfreunde zu gestalten. Mein Eindruck im Herbst: attraktiv ist was anderes.

Weiter gings nun vollkommen im Nebel Richtung Gipfel. Der letzte steile Anstieg stand uns noch bevor, wir standen am Auslauf der Skisprungschanze. Wir nahmen nicht die Treppen sondern gingen hundefreundlich den in Serpentinen angelegten Naturweg nach oben, rechter Hand die Schanze, linker Hand nix besonderes. Der Absprungtisch war wie die gesamte Anlaufspur in desolatem Zustand und das, obwohl erst im Jahres 2011 ein Weltcupspringen dort stattgefunden hatte. Echt, ein Weltcupspringen am Wurmberg? Na ja, halt eins der Damen. Das ist zwar nur ungefähr so viel Wert wie die Stadtmeisterschaft von Klingental aber trotzdem muss die Schanze damals zumindest in funktionstüchtigem Zustand gewesen sein. Aktuell wachsen kleine Bäume durch den Schanzentisch… Sei´s drum, wir waren nun oben auf dem Gipfel, der zwar nicht mehr im Wald lag aber wegen des Nebels (oder waren das dort oben in luftiger Höhe doch eher Wolken) gleichwohl keinen Blick auf die schönen Höhen des Harz freigab. Erst wurden Fotos gemacht und dann in das Gipfelrestaurant eingekehrt. Gut gewärmt von einem Holzofen ruhten wir uns etwas aus, zogen trockene Kleidung über (so ein Aufstieg ist schweisstreibend) und begaben uns dann leichten Herzens wieder in den Abstieg. Zunächst nahmen wir den gleichen Weg wie im Aufstieg, „Sandy“, Bratwurst usw. ließen wir liegen, im unteren Abschnitt kürzten wir dann etwas ab. Ruck zuck waren wir wieder am Auto und fuhren gen Heimat, zwischendurch stoppten wir für ein umfangreiches Mittagsmahl, um später noch viele Male unfreiwillig anzuhalten, da die Autobahn am Sonntag genauso voll war wie am Freitagnachmittag. Warum?

Fazit: im Gegensatz zum reizvollen Eckerlochsteig auf den Brocken sind die Wege auf den Wurmberg unspektakuläre Skipisten oder Rodelbahnen, die im Frühling, Sommer und Herbst dafür bezahlen müssen, dass im Winter dort Sport betrieben wird. Auch weil durch das suboptimale Wetter keine Aussicht möglich war, hat mir die Wanderung nicht so gut gefallen. Abschließend will ich aber nicht das Fallbeil über den Wurmberg fällen, da ich mir vorstellen kann, dass es dort bei Sonnenschein und Fernsicht sowohl im Winter als auch im Sommer viele schöne Flecken gibt. Vielleicht kommen wir dann noch mal zurück, die Birte, der Herr Louis und ich.

















SACHSEN-ANHALT, Brocken


Sachsen-Anhalt: Brocken (1.141,1 ü. NN)

Mit dem Ausflug in den Harz stand am Wochenende 03.-.04. November der vorletzte Trip des 16summits Projektes an. Der Gipfel des Brockens in Sachsen-Anhalt und der des Wurmbergs in Niedersachsen sind nur einige Wanderkilometer voneinander entfernt. Es bot sich quasi an, daraus ein Wanderwochenende im Harz zu machen und das sollte nun an diesem wunderschönen ersten Novemberwochenende bei herrlichem Altweibersommer und für die Jahreszeit äußerst milden Temperaturen geschehen.

Soweit die Theorie. Leider war das Wetter dann nicht ganz so freundlich wie gewünscht und wir kamen auf dem Anstieg zum Brockengipfel in den Genuss der ersten Schneewanderung dieser Saison. Aber der Reihe nach:

Freitag um 15:00 Uhr sollte es für Birte, den Herrn Louis und mich in Igstadt losgehen. Als Basislager wurde eine Pension in Schierke (der bekannten Metropole am Fuße des Brockens, ich sag nur Schierker Feuerstein…) ausgewählt. Pünktlich im 16:00 Uhr fuhren wir dann auch tatsächlich los und wie an einem Freitagnachmittag nicht anders zu erwarten, gondelten wir von einem Stau in den nächsten. Dem Herrn Louis war wegen des ständigen Anfahrens und wieder Abbremsens unwohl und so mussten wir zwei außerplanmäßige Boxenstopps einlegen, um seine Hundebox im Kofferraum vom Inhalt seines Magens zu befreien. Den Höhepunkt fand das nervtötende Gegurke dann auf der A7, als die Autobahn gesperrt wurde, weil eine von der Polizei verfolgte Frau aus Norddeutschland in Selbsttötungsabsicht unterwegs war und man sie dort ausbremsen wollte. Anscheinend ist die Sache glimpflich ausgegangen und unser Stau löste sich schon nach einer Ewigkeit wieder auf. Ich dachte immer, Frauen hätten eine Vorliebe fürs Vergiften...

Gegen 21 Uhr waren wir endlich am Ziel, Wetterlage: windig mit Regen. Wir bezogen schnell unsere Kammer unterm Dach (mit Hund bekommt man immer das neuste und schönste Zimmer des Hauses) und suchten nach einem Restaurant, das noch geöffnet hatte. Wir waren uns nicht der Tatsache bewusst, dass der ortsübliche Küchenschluss bereits um 21:00 Uhr ist. Glücklicherweise fanden wir dann doch noch eine Gaststätte mit geöffneter Küche und genossen lokale Spezialitäten: als Vorspeise zwei Frühlingsrollen und als Hauptgerichte die 25 und die 31, scharf. Die Nacht war dann ruhig, ab und an wurde man durch das Grummeln in Herrn Louis` Magen kurz aufgeschreckt.

Der ursprüngliche Plan für den nächsten Tag sah eine Rundwanderung von Schierke ausgehend über den Brocken zum Wurmberg und wieder zurück nach Schierke vor, knapp 15 km mit 6,5h netto Gehzeit. Der Blick aus dem Fenster führte aber schnell (sofort) zu einer Plananpassung: Samstag hoch auf dem Brocken und wieder zurück, Sonntag auf den Wurmberg und dann heim. Das Frühstück war entsprechend unserer Kammer und um 9:30 Uhr waren wir abmarschbereit. Es ging vorbei an einem Gebäudekomplex irgendeiner Gewerkschaft hinein in den Nationalpark Harz und relativ bald rechts ab in den Eckerlochsteig, der fast direkt und geradeaus zum Brockengipfel führt. Es regnete jetzt nicht mehr wirklich und das Wandern machte Spaß. Der Weg geht über Stock und Stein, etwas glitschig aber auf jeden Fall abwechslungsreicher und kurzweiliger als eine Wanderautobahn. Irgendwann überquerten wir zum ersten Mal die Gleise der Brockenbahn und dann war es soweit: wir überholten den Brocken-Benno (http://www.brocken-benno.de/). In diesem Moment wussten wir das noch nicht, da uns sein Gesicht nicht so geläufig war aber im Nachhinein muss man diesen Augenblick doch als historisch einstufen. Kurz darauf erreichten wir die Schneefallgrenze. Am Vortag hatte es dort oben wohl ordentlich geschneit und auch jetzt begann es wieder ganz leicht. Dem Herr Louis hat´s gefallen, Birte zog sich noch ein Jäckchen über. Wir waren nun eine gute Stunde unterwegs und kamen raus aus dem Wald auf die Brockenstraße. Da die schützenden Bäume nicht mehr den Wind abhielt, fiel die gefühlte Temperatur um 10 Grad. Wir kämpften uns bei widrigsten Bedingungen die Brockenstraße entlang dem Gipfel entgegen und erreichten das Plateau so gegen 11 Uhr. Schnell wurden die obligatorischen Fotos geknipst, doch ähnlich wie in der lebensfeindlichen Umgebung  eines Achttausendergipfels wollten wir auch dort nicht lange verweilen, sondern stiegen wieder etwas hinab, um uns in der Bahnhofsgaststätte der Brockenbahn ein wenig aufzuwärmen. Dort kam es dann zur zweiten Begegnung mit dem legendären Bocken-Benno: direkt über der Sitzbank, auf der wir Platz genommen hatten, war ein Nagel in der Wand, an dem kein Bild hing. Ich dachte noch so für mich, da gehört doch eigentlich ein Bild vom Reinhold Messner hin und dann kam der Benno auch schon und hatte ein Bild vom Reinhold Messner dabei, das er an den bereits vorhandenen den Nagel hing. Das alte wurde gestohlen, erklärte er uns. Im Anschluss genehmigte er sich noch einen Schnaps und schwupps war er wieder verschwunden, der Benno. Nach einer Weile machten wir uns dann auch an den Abstieg und wunderten uns, wie viele Menschen bei diesem doch ungemütlichen Wetter entgegen kamen. Und wie sie gekleidet waren, welche Schuhe sie an hatten. Und warum sie ihren kleinen Kindern keine Handschuhe angezogen hatten. Oben lag Schnee und es stürmte, beides keine Überraschungen auf dem Brocken. Aber ich muss nicht alles verstehen, hab ich ja schon auf der Zugspitze festgestellt. Der Abstieg (gleicher Weg wie Aufstieg) dauerte dann eine gute Stunde und für den Rest des Tages hielten wir uns, bis auf ein kürzeres Gassi-Gehen am Abend, in warmen Räumen auf. Abends gab es frische Waldpilze mit Bratkartoffeln, ich hatte noch ein Rumpsteak dazu…

Fazit: als höchster Berg Norddeutschlands ist der Brocken eine Berühmtheit. Seine Abhörstation zu Spionagezwecken in DDR-Zeiten und die Erstürmung dieser Anlage durch DDR Demonstranten am 3. Dezember 1989 sind Zeitgeschichte. Als Blocksberg ist er Mittelpunkt vieler Sagen und Geschichten. Eine Reise dorthin und eine Besteigung lohnen sich auf jeden Fall, egal bei welchem Wetter.