Bayern: Zugspitze
(2962 m ü. NN)
Am 17.08.2012 war es dann soweit, die Königsetappe stand vor
der Tür: nach den vielen Trainingswanderungen auf Bergriesen in Bremen,
MeckPomm oder Brandenburg gings nun auf die Zugspitze, ab dann.
Da der Vorabend in der „Hemingway Lounge“ unseres Hotels
nicht ganz so spurlos an mir vorbeigegangen war, wurde es doch 6:30 Uhr bis ich
vom Parkplatz der Almbahntalstation in Ehrwald/Tirol loswandern konnte. Der
überraschende Entschluss ohne den Umweg über Zuhause von Sachsen aus nach
Bayern zu fahren, hatte meinem Bruder Lars (Lumbo) und mir zwar einen zusätzlichen
Tag geschenkt, jedoch auch die Tatsache mit sich gebracht, dass ich den
Aufstieg auf den höchsten Berg Deutschlands in ausgelatschten Wandergaloschen
antrat, die ich normalerweise höchstens noch zum Gassi gehen anziehe, und das
auch nur, wenn es vorher drei Wochen nicht geregnet hat, weil halt abgelaufen
und kaum noch Profil vorhanden. Stöcke hatte ich auch nicht zur Hand, der
Rucksack war unbequem und klein, dafür waren die Vorfreude und der Enthusiasmus
umso größer.
Es ging zunächst die Fahrstraße nach oben und schon nach
wenigen Metern fing ich an zu transpirieren, a) ob der hohen Temperaturen schon
zur frühen Morgenstund´ und b) als Tribut an die letzte Runde beim Hemingway.
Es stand das heißeste Wochenende des Jahres bevor, der Himmel strahlte blau wie
Bübchencremedosen und die Berggipfel wurden von der Morgensonne angestrahlt. In
den Seitentälen war der Bodennebel gefangen, kurzum: ein Bilderbuchmorgen. Nach
45 min hatte ich die Bergstation der Bahn erreicht und wanderte vorbei an der
Ehrwalder Alm zur Pestkapelle, die ich aber nicht ganz erreichte, sondern links
in den Max-Klotz-Steig abbog und den ersten etwas steileren Aufstieg in Angriff
nahm. Hier sah ich dann auch die erste Gruppe von Wanderern, die ebenfalls hoch
wollte. Gegen acht Uhr hatte ich bereits 6 km und 800 Höhenmeter hinter mir,
Zeit fürs Frühstück. Landjäger mit Brot in der Morgensonne auf einem Stein, ein
Bild als hätte es van Gogh gemalt. Nach der Pause dauerte es nicht mehr lange
und ich war am Gatterl, zurück im Heimatland. Kurz vorher musste man etwas
kraxeln, kein Ding und schnell geschehen. Von dort aus ging´s in leichtem
bergauf-bergab weiter Richtung Knorrhütte. Der Blick rüber ins Reintal war sensationell,
man konnte auch schon von weitem die Knorrhütte sehen und weiter oben das
Schneefernerhaus und noch weiter oben die Bergstation der Zugspitzbahn. Da soll
ich noch hin? Ja, herzlichen Glückwunsch. Die Sonne wurde nun noch etwas
stärker und obwohl ich schon über einen Liter Wasser getrunken hatte, war mein
Mund trocken wie die Sahara im Hochsommer. Gegen 10:00 Uhr erreichte ich die
Knorrhütte und bestelle direkt zwei große Apfelsaftschorlen. Eine wurde sofort
abgekippt, die andere gesüffelt. An der Knorrhütte werden die Aufstiege von
Ehrwald und aus dem Reintal zusammengeführt. Der Weg wurde ab da voller, ich
wollte keine lange Pause einlegen und ging relativ bald weiter. Das Gelände war
nun nur noch Fels oder Geröll, nix grünes mehr am Wegesrand, nur einige
Restschneefelder boten etwas Abwechslung. Es wurde steiler, der Weg war gut
markiert und auch problemlos zu gehen. Irgendwann war ich dann auf dem
Zugspitzplatt etwas unterhalb der Sonnalpinalm. Wenn man ehrlich ist, sieht es
dort im Sommer schon richtig scheisse aus. Die Lifte, der erbärmliche Rest des
Schneeferner Gletschers, eine „Schnee-Sommerrodelbahn“ und was sonst noch so da
rumsteht, muss halt so akzeptiert werden aber wie auch bspw. in Sölden auf dem
Rettenbachferner ist so ein Anblick, insbesondere wenn kein Schnee liegt, eher ätzend.
Das war aber auch keine große Überraschung und so machte ich mich weiter gen
Gipfel und hatte alsbald den schlechtesten Weg unter meinen Füssen, den ich je
gegangen bin. Ich hatte ja schon beschrieben, dass meine Ausstattung eher
suboptimal war und auf dem steilen Geröllweg vorbei am Schneefernerhaus kam
diese voll zum Tragen. Stöcke wären ein Traum gewesen und stabile Schuhe mit
Profil ein Segen. Waren aber nicht verfügbar und so kämpfte ich mich immer hart
am Wadenkrampf entlang nach oben. Es war ein bisschen wie Weihnachten als ich
wieder in felsiges Terrain kam und die seilversicherte Passage begann. Hier kam
ich wieder schneller vorwärts und nach einigen Minuten sah ich meinen Bruder,
der mir von der Plattform auf dem Gipfel nach unten zuwinkte. Ein bisschen
musste ich der dünnen Luft dort oben Tribut zollen und das Tempo drosseln aber gegen
zwölf Uhr war ich auf der Zugspitze, nass geschwitzt, kurzeitig außer Atem aber
glücklich.
Als ich wieder bei mir war, traf mich der
Zivilisationsschock: Deutschlands höchste Bratwurst, Plastik Pop aus der Münchner Hütte und Flip-Flop Touristen aus
aller Herren Länder, auf der Zugspitzplattform geht es zu wie in Rüdesheim in
der Drosselgasse. Nur dass in Rüdesheim keiner versuchen würde, mit Flip Flops
aufs Niederwalddenkmal zu kraxeln. Vielleicht ist auf 2962 Metern die Luft für
den ein oder anderen schon zu dünn, anders kann man es sich jedenfalls nicht
erklären, dass Leute quasi ohne Schuhe aber mit Kindern ans Gipfelkreuz wollen.
Für die, die noch nie dort oben waren: es führt kein normaler Weg zum
Gipfelkreuz sondern man muss über z. Teil seilversicherte Felsen und
Eisenleitern dorthin kraxeln. An sich kein Problem, wenn man einigermaßen
geschickt ist und zumindest gescheite Turnschuhe anhat. Beides war aber oftmals
nicht der Fall und auch deshalb kam es zu Staus. Insgesamt hat die „auf den
Gipfel komm“ Aktion ca. eine dreiviertel Stunde gedauert. Mahlzeit. Genau, zu
Mittag gabs dann erst Weisswürste und hinten drauf noch einen Wurstsalat. Dann
sind Lumbo und ich mit der Gletscherbahn zur Sonnalpinalm gefahren, den
Schotterweg am Schneefernerhaus vorbei wollte ich mir nicht nochmal gönnen.
Es war ca. 14:00 Uhr als wir den Abstieg gen Ehrwald
aufnahmen. Es kamen uns viele Wanderer entgegen, einige sahen recht frisch aus,
viele andere aber doch sehr gezeichnet ob der großen Hitze, die nun um die
Mittagszeit herrschte. Diejenigen, die über das Reintal aufgestiegen sind,
hatten wohl auch schon eine ordentliche Wegstrecke hinter sich. Bei mir ging´s
noch ganz gut und Lumbo war ja eh noch frisch. Gegen vier kamen wir wieder auf
der Knorrhütte an, machten eine Rast und tranken einen sehr willkommenen
Radler. Lumbo hatte frisches Wasser mit auf die Zugspitze gebracht, so dass wir
ausreichend mit Flüssigkeit versorgt waren aber so ein Radler ist auf keinen
Fall zu verachten. Auf der Knorrhütte kann man auch gut übernachten, weil sie
sehr zentral gelegen ist. Wenn man auf der Homepage den Belegungsstatus
anschaut, merkt man aber auch schnell, dass man sich früh anmelden muss, da
kurzfristig nix zu gehen scheint. Sie ist zwar eine DAV Hütte der Kategorie 1
aber angesichts der Tatsache, dass man in drei Stunden im Tal sein kann, sollte
das nicht überstrapaziert werden. Wir stiefelten nach dem Radler jedenfalls
weiter den gleichen Weg zurück, den ich am Morgen bereits gegangen war. Der ein
oder andere könnte ja denken, dass der gleiche Weg an einem Tag irgendwann
langweilig würde, dem war aber nicht so. Man hat halt eine andere Perspektive,
wenn man in die andere Richtung geht. Was allerdings gleich war wie am Morgen,
war der Umstand, dass mir die Sonne ins Gesicht schien. Nach einer guten Stunde
erreichten wir das Gatterl und waren somit wieder in Austria, ob wir nun
wollten oder nicht ;-). Lumbo hatte sich vormittags noch ein Paar Stöcke
gekauft, die ihm im Abstieg gute Dienste leisteten. Mir taten langsam die Beine
und vor allem die Füße weh, an den Fersen hatte ich mir bereits im Aufstieg
Blasen gelaufen, die nun aufplatzten. Mehr oder weniger steil ging es bergab,
vorbei an Kühen, die hier wieder die Vorherrschaft gegenüber den weiter oben
weidenden Schafen eingenommen hatten. Lumbo wurde langsam unruhig, da er
befürchtete den letzten Lift von der Ehrwalder Alm zur Talstation zu verpassen.
Tja, vielleicht hatten wir die eine oder andere Pause zu viel eingelegt,
jedenfalls war der Lift bei unserer Ankunft bereits außer Betrieb und wir hatte
das Vergnügen auch noch die Fahrstraße bis Ehrwald herunter dabschen zu dürfen.
Um 19:00 Uhr waren wir dann unten, die Sonne schien immer noch und wir waren
fertig. Mir zitterten die Beine und ich hätte auf keinen Fall noch Auto fahren
können. Da der Lumbo aber eher ein fahrendes denn ein laufendes Wesen ist, war
er in seinem Element und ist die 450 km von Ehrwald nach Igstadt, wo wir um
halb zwölf ankamen, locker auf einer Arschbacke heimgefahren. Noch einen
sauergespritzten Äppler und dann macht´s gut Nachbarn, die Sache war gelaufen.
Fazit: Die
Zugspitze war der tolle Höhepunkt einer prima Woche, ca. 2500 km durch
Deutschland. Wir haben 13 Bundesländer zumindest per PKW bereist, waren auf 8
Gipfeln und haben viele tolle Flecken kennen gelernt. Es war nie langweilig mit
dem Lumbo und wir hatten viel Spaß. Ohne die Errungenschaften der modernen Technik
wie Navi, IPad oder Smartphone wäre die ganze Organisation bestimmt nicht so
spontan möglich gewesen, ich denke, vor 5-6 Jahren hätten wir das Ganze so noch
nicht durchziehen können. So wie´s war, war´s eigentlich perfekt und ich bin
mir sicher, die letzten Gipfel machen wir auch noch. War geil, Lumbo!
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