Mittwoch, 3. Oktober 2012

SACHSEN, Fichtelberg


Sachsen: Fichtelberg (1215,8 m ü. NN)
Kurz nachdem wir den Stasi-Weiler am Kutschenberg verlassen hatten, waren wir auch schon in Sachsen, wurden im Vorbeifahren freundlich von den Jakob Sisters begrüßt und setzten unsere Besuchsreise an Dresden und Karl-Marx-Stadt vorbei nach Oberwiesenthal fort. Unterwegs überlegten war angestrengt, ob wir vielleicht am nächsten Tag schnell noch an die Zugspitze fahren wollen. Irgendwo in den vergangenen Tagen hatten wir einen Tag gewonnen und nun stellte sich die Frage, wie wir diesen volkswirtschaftlich am sinnvollsten nutzen können. Eine Reise an die Zugspitze lag auf der Hand, insbesondere wenn man die hervorragende Wettervorhersage mit in die Betrachtung einbezog. Leider hatten wir fürs Hochgebirge nicht das entsprechende Equipment an Bord, doch sehr wahrscheinlich in einem Anfall geistiger Umnachtung dachte ich, dass man mit DHL Express innerhalb Deutschlands ein Päckchen von einem Tag auf den anderen von Wiesbaden nach Garmisch schicken können müsste. Schnell bei Birte angerufen, Päckcheninhalt aufgezählt, Packstation rausgesucht und Sie hat alles ruckzuck den Logistikgiganten von DHL übergeben, bitte per Express an die Packstation 116. Da wir noch keine Unterkunft in Garmisch hatten und vermutlich sogar im Österreichischen Ehrwald nächtigen wollten, war die Packstation als Empfängeradresse für mich die logische Konsequenz. Wie naiv…

Kurz vor Oberwiesenthal gab´s kurzzeitig Verwirrung, weil eine Durchfahrtstraße gesperrt war. Dem Lumbo sind solche Sperrungen aber eigentlich egal und er fuhr trotzdem durch und so kamen wir auf schnellstem Wege in das sächsische Wintersportmekka Oberwiesenthal, wö där Jens und andere Sportlegenden kerzengerade aufgewachsen und zu Kanonen geworden sind. Wie es dort im Winter aussieht kann ich nicht beurteilen, im Sommer ist es jedenfalls nicht so prickelnd. Findet offensichtlich auch der Besitzer einiger Unterkunftsmöglichkeiten im Ort. Getrieben von Selbstlosigkeit und Liebe zu seiner Heimatgemeinde hat er eine Protestaktion am Marktplatz gestartet und ein nicht zu übersehendes Haus zu einem Mahnmal wider der Vernachlässigung des Sommertourismus` umgestaltet. Macht´s Ort aber auch nicht schöner. Die meisten Wirtshäuser waren geschlossen, wir checkten im Rathaushotel ein mit Abendessen vom Buffet und neuem Bad und Fernseher usw., alles Dinge, die man nach zwei Nächten im Zelt sehr zu schätzen weiss. Und so sind wir dann auch zeitig aufs Zimmer und obwohl Deutschland gegen Argentinien sang- und klanglos verlor ist der Lumbo direkt eingeknackt.

Das Frühstück am Donnerstagmorgen war besser als das Abendessen am Mittwoch. Obs an der Tageszeit oder am Wochentag lag, kann ich nicht beurteilen. Das Wetter war zum ersten Mal während unserer Expedition eher durchwachsen aber noch trocken. So verloren wir nach dem Frühstück keine Zeit, fuhren alsbald zum Fichtelberg. Wir parkten an der letzten Bushaltestelle unterhalb des Gipfelplateaus und stiefelten die noch fehlenden Meter zum Gipfel. Auf dem höchsten Punkt des Fichtelberg steht eine Restaurant, super. Aber einige helle Köpfe haben ein Kreuz aufgestellt und stellvertretend für die Panoramaaufnahme im Restaurant haben wir uns dann vorm Gipfelkreuz geknipst. Nach den Bergriesen im Norden der Republik bot der höchste Punkt Sachsens zumindest mal eine veritable Aus- und Fernsicht. Trotz der sehr wintertouristischen Prägung sah das zumindest in der Umgebung auch noch ganz gut aus. Das Plateau an sich hat mich ein bisschen an den Feldberg bei uns im Taunus erinnert. Na ja, es begann leicht zu nieseln, wir hatten noch eine weite Fahrt nach Süddeutschland vor uns und so sind wir nach kurzer Begutachtung der Friedensglocke zurück zum Kraftfahrzeug und dann nach Tschechien, Lumbo brauchte Zigaretten und Schnaps. Die Kippen waren dann auch tatsächlich deutlich preisreduziert, der Schnaps aber nicht. Kein Wunder, dass die östlichen Nachbarn lieber beim Rewe um die Ecke einkaufen. Wir fuhren eine ganze Zeit durch die Tschechische Republik und das war auch teilweise eindrucksvoll zu sehen. Ich war kurz nach der Wende mal dort, um nach Snowboardmöglichkeiten Ausschau zu halten. In manchen Ortschaften, die wir passierten, sah es noch genauso aus wie damals. Und damals sah es scheisse aus. Irgendwann waren wir wieder in Deutschland und gegen Nachmittag auch in Garmisch. Wir wollten zur Packstation. Ein Blick auf die Sendungsverfolgung im Internet zeigt aber, dass der Zustellversuch an der Packstation fehlgeschlagen war. Wie geht das denn? Keiner Zuhause? Irritiert sprach ich einen DHL Fahrer an, der gerade die Packstation bestückte. Er konnte sich das auch nicht erklären, es waren noch genügend Fächer frei. Ich wurde etwas ärgerlich und sagte, dass so eine Expresssendung ja auch nicht gerade billig sei. Daraufhin schaute er mich an, schüttelte den Kopf und meinte „ja, wenn du mit Express geschickt hast, dann kann ich das schon verstehen. Die haben von einer DHL Packstation nur 5% der Fächer. Die sind dann schon mal voll“. Ich war baff. 5%! Die Station hatte 20 Fächer, somit hat Express gerade EIN Fach zur Verfügung. Sauber. Also habe ich die Hotline angerufen, die mir den gerade eben in Erfahrung gebrachten Sachverhalt bestätigten. „Wie komme ich nun an mein Päckchen?“. „Sie können es beim nächsten Verteilzentrum abholen, ab morgen.“ „ Wo ist das nächste Verteilzentrum?“. „München“. Vielen Dank, ihr Kappen. Wie konnte ich nur der Einbildung erliegen, dass man problemlos innerhalb eines Tages etwas von A nach B hätte schicken können, ohne dass man eine feste Adresse angibt? DHL ist ein ehem. Staatsbetrieb, wie konnte ich das nur vergessen? Von der Telekom erwartet man ja auch nicht, dass man innerhalb eines Tages einen Telefonanschluss freigeschaltet bekommt, oder innerhalb eines Monats… Also, nix war´s und nachdem wir in einem Restaurant auf einem schönen Aussichtsberg gespeist hatten fuhren wir nach Ehrwald in Österreich, Basecamp für die anstehende Zugspitzbesteigung. Die Akklimatisierung fand nach Einzug umgehend in der hoteleigenen „Hemingway Lounge“ statt.

Fazit: Oberwiesenthal ist im Westen hauptsächlich durch den ein oder anderen prominenten Sportler bekannt geworden und ich hatte etwas mehr erwartet. Warum weiss ich auch nicht. Da man dorthin aber einige Kilometer abseits der Autobahn unterwegs ist, konnten wir einen ganz guten Eindruck von der Landschaft gewinnen und der war gut. Wenn man auf Mittelgebirgswandern steht und nicht immer in die sächsische Schweiz will, dann ist das Erzgebirge bestimmt eine Alternative. Und vielleicht hat man außerordentliches Glück und trifft den Holzmichl…









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