Sachsen: Fichtelberg
(1215,8 m ü. NN)
Kurz nachdem wir den Stasi-Weiler am Kutschenberg verlassen
hatten, waren wir auch schon in Sachsen, wurden im Vorbeifahren freundlich von
den Jakob Sisters begrüßt und setzten unsere Besuchsreise an Dresden und
Karl-Marx-Stadt vorbei nach Oberwiesenthal fort. Unterwegs überlegten war
angestrengt, ob wir vielleicht am nächsten Tag schnell noch an die Zugspitze
fahren wollen. Irgendwo in den vergangenen Tagen hatten wir einen Tag gewonnen
und nun stellte sich die Frage, wie wir diesen volkswirtschaftlich am
sinnvollsten nutzen können. Eine Reise an die Zugspitze lag auf der Hand,
insbesondere wenn man die hervorragende Wettervorhersage mit in die Betrachtung
einbezog. Leider hatten wir fürs Hochgebirge nicht das entsprechende Equipment
an Bord, doch sehr wahrscheinlich in einem Anfall geistiger Umnachtung dachte
ich, dass man mit DHL Express innerhalb Deutschlands ein Päckchen von einem Tag
auf den anderen von Wiesbaden nach Garmisch schicken können müsste. Schnell bei
Birte angerufen, Päckcheninhalt aufgezählt, Packstation rausgesucht und Sie hat
alles ruckzuck den Logistikgiganten von DHL übergeben, bitte per Express an die
Packstation 116. Da wir noch keine Unterkunft in Garmisch hatten und vermutlich
sogar im Österreichischen Ehrwald nächtigen wollten, war die Packstation als
Empfängeradresse für mich die logische Konsequenz. Wie naiv…
Kurz vor Oberwiesenthal gab´s kurzzeitig Verwirrung, weil
eine Durchfahrtstraße gesperrt war. Dem Lumbo sind solche Sperrungen aber
eigentlich egal und er fuhr trotzdem durch und so kamen wir auf schnellstem
Wege in das sächsische Wintersportmekka Oberwiesenthal, wö där Jens und andere
Sportlegenden kerzengerade aufgewachsen und zu Kanonen geworden sind. Wie es
dort im Winter aussieht kann ich nicht beurteilen, im Sommer ist es jedenfalls
nicht so prickelnd. Findet offensichtlich auch der Besitzer einiger
Unterkunftsmöglichkeiten im Ort. Getrieben von Selbstlosigkeit und Liebe zu
seiner Heimatgemeinde hat er eine Protestaktion am Marktplatz gestartet und ein
nicht zu übersehendes Haus zu einem Mahnmal wider der Vernachlässigung des
Sommertourismus` umgestaltet. Macht´s Ort aber auch nicht schöner. Die meisten
Wirtshäuser waren geschlossen, wir checkten im Rathaushotel ein mit Abendessen
vom Buffet und neuem Bad und Fernseher usw., alles Dinge, die man nach zwei
Nächten im Zelt sehr zu schätzen weiss. Und so sind wir dann auch zeitig aufs
Zimmer und obwohl Deutschland gegen Argentinien sang- und klanglos verlor ist
der Lumbo direkt eingeknackt.
Das Frühstück am Donnerstagmorgen war besser als das
Abendessen am Mittwoch. Obs an der Tageszeit oder am Wochentag lag, kann ich
nicht beurteilen. Das Wetter war zum ersten Mal während unserer Expedition eher
durchwachsen aber noch trocken. So verloren wir nach dem Frühstück keine Zeit,
fuhren alsbald zum Fichtelberg. Wir parkten an der letzten Bushaltestelle
unterhalb des Gipfelplateaus und stiefelten die noch fehlenden Meter zum
Gipfel. Auf dem höchsten Punkt des Fichtelberg steht eine Restaurant, super.
Aber einige helle Köpfe haben ein Kreuz aufgestellt und stellvertretend für die
Panoramaaufnahme im Restaurant haben wir uns dann vorm Gipfelkreuz geknipst.
Nach den Bergriesen im Norden der Republik bot der höchste Punkt Sachsens
zumindest mal eine veritable Aus- und Fernsicht. Trotz der sehr
wintertouristischen Prägung sah das zumindest in der Umgebung auch noch ganz
gut aus. Das Plateau an sich hat mich ein bisschen an den Feldberg bei uns im
Taunus erinnert. Na ja, es begann leicht zu nieseln, wir hatten noch eine weite
Fahrt nach Süddeutschland vor uns und so sind wir nach kurzer Begutachtung der
Friedensglocke zurück zum Kraftfahrzeug und dann nach Tschechien, Lumbo brauchte
Zigaretten und Schnaps. Die Kippen waren dann auch tatsächlich deutlich
preisreduziert, der Schnaps aber nicht. Kein Wunder, dass die östlichen
Nachbarn lieber beim Rewe um die Ecke einkaufen. Wir fuhren eine ganze Zeit
durch die Tschechische Republik und das war auch teilweise eindrucksvoll zu
sehen. Ich war kurz nach der Wende mal dort, um nach Snowboardmöglichkeiten
Ausschau zu halten. In manchen Ortschaften, die wir passierten, sah es noch
genauso aus wie damals. Und damals sah es scheisse aus. Irgendwann waren wir
wieder in Deutschland und gegen Nachmittag auch in Garmisch. Wir wollten zur
Packstation. Ein Blick auf die Sendungsverfolgung im Internet zeigt aber, dass
der Zustellversuch an der Packstation fehlgeschlagen war. Wie geht das denn?
Keiner Zuhause? Irritiert sprach ich einen DHL Fahrer an, der gerade die
Packstation bestückte. Er konnte sich das auch nicht erklären, es waren noch
genügend Fächer frei. Ich wurde etwas ärgerlich und sagte, dass so eine
Expresssendung ja auch nicht gerade billig sei. Daraufhin schaute er mich an,
schüttelte den Kopf und meinte „ja, wenn du mit Express geschickt hast, dann
kann ich das schon verstehen. Die haben von einer DHL Packstation nur 5% der
Fächer. Die sind dann schon mal voll“. Ich war baff. 5%! Die Station hatte 20
Fächer, somit hat Express gerade EIN
Fach zur Verfügung. Sauber. Also habe ich die Hotline angerufen, die mir den
gerade eben in Erfahrung gebrachten Sachverhalt bestätigten. „Wie komme ich nun
an mein Päckchen?“. „Sie können es beim nächsten Verteilzentrum abholen, ab
morgen.“ „ Wo ist das nächste Verteilzentrum?“. „München“. Vielen Dank, ihr
Kappen. Wie konnte ich nur der Einbildung erliegen, dass man problemlos
innerhalb eines Tages etwas von A nach B hätte schicken können, ohne dass man
eine feste Adresse angibt? DHL ist ein ehem. Staatsbetrieb, wie konnte ich das
nur vergessen? Von der Telekom erwartet man ja auch nicht, dass man innerhalb
eines Tages einen Telefonanschluss freigeschaltet bekommt, oder innerhalb eines
Monats… Also, nix war´s und nachdem wir in einem Restaurant auf einem schönen
Aussichtsberg gespeist hatten fuhren wir nach Ehrwald in Österreich, Basecamp
für die anstehende Zugspitzbesteigung. Die Akklimatisierung fand nach Einzug
umgehend in der hoteleigenen „Hemingway Lounge“ statt.
Fazit:
Oberwiesenthal ist im Westen hauptsächlich durch den ein oder anderen
prominenten Sportler bekannt geworden und ich hatte etwas mehr erwartet. Warum
weiss ich auch nicht. Da man dorthin aber einige Kilometer
abseits der Autobahn unterwegs ist, konnten wir einen ganz guten Eindruck von
der Landschaft gewinnen und der war gut. Wenn man auf Mittelgebirgswandern
steht und nicht immer in die sächsische Schweiz will, dann ist das Erzgebirge
bestimmt eine Alternative. Und vielleicht hat man außerordentliches Glück und
trifft den Holzmichl…
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